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Ein Fotografie-Blog

Mit der Leica CL (analog) in der Toskana

Eigentlich war es eine Feier zu einem runden Geburtstag, eine halbe Autostunde von Pisa entfernt auf einem alten toskanischen Weingut. Aber für mich war es auch eine willkommene Gelegenheit, an einem verlängerten Wochenende mit der Leica CL ein wenig in der Toskana zu fotografieren, in der gerade der Frühling anbrach, fernab vom Touristentrubel der Städte. Also mit der alten, analogen CL, versteht sich, nicht mit der neuen, digitalen APS-C-Kamera, der Leitz den selben Namen gegeben hat wie jenem nur vermeintlich missratenen Kind der 70er-Jahre mit deutschem Vater und japanischer Mutter.  Die alte CL entstand aus einer Kooperation von Leitz mit Minolta und wurde in Japan, wo sie bei Minolta gefertigt wurde, unter dem Namen Leitz Minolta CL vertrieben.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie kompakt die alte CL ist im Vergleich zu meinen anderen Leicas wie der M3 und der M9. So kompakt, dass sie mit ihrem Summicron C 2/40mm, einem Voigtländer Snapshot Skopar 4/25mm und dem Leitz Tele-Elmarit 2.8/90mm in meiner kleinsten Fototasche Platz findet, einer Lowepro Streamline 100. Ein Ersatzfilm sowie ein kleiner Konica-Blitz und der Sucher für das 25mm-Objektiv passten auch noch mit hinein. Eine Ausrüstung, mit der man also durchaus etwas anfangen kann, und die weder bei der Anreise noch beim Wandern in den einsamen Eichenwäldern in diesem sehr ländlichen Teil der Toskana unnötige Schlepperei bedeutet.

Leica CL mit Ausrüstung in Lowepro Streamline 100

Leica CL mit Zusatzausrüstung in der Lowepro Streamline 100

Auch wenn ich das 90er an diesem Wochenende kein einziges Mal auf der Kamera hatte und das 25er nur hin und wieder, gibt einem die Tatsache, dass man ein Weitwinkel und ein moderates Tele dabei hat, doch das gute Gefühl, für viele fotografische Eventualitäten gewappnet zu sein. Aber auch mit dem Normalobjektiv allein lässt die CL fotografisch nur wenige Wünsche offen. Das 40er Summicron ist bedeutend kleiner als seine 50mm-Geschwister, muss sich aber in punkto Abbildungsqualität auch bei voll offenerBlende  nicht vor ihnen verstecken. Mit 40mm Brennweite ist es zudem ein ganzes Stück weitwinkliger, was mir persönlich recht gut gefällt und ein 35er-Objektiv eigentlich überflüssig macht. Früher waren Kameras mit 40er-Objektiven häufiger anzutreffen (z.B. die legendäre Rollei 35 mit dem 40mm Tessar oder Sonnar), heute sind sie eher eine Seltenheit.

Eine selten anzutreffende Konstruktion ist auch der Belichtungsmesser der Leica CL: Er besteht aus einer fingernagelgroßen CdS-Zelle, die bei gespanntem Verschluss mittels eines filigranen Metallarms kurz vor der Filmebene direkt hinter das Objektiv geschwenkt wird und beim Auslösen blitzschnell wieder nach unten wegklappt. Ein komplizierter Mechanismus, den es so ähnlich nur noch bei der Leica M5 gibt. Bei der nur noch von Minolta vertriebenen Nachfolgerin der CL, der Minolta CLE, wurde er durch eine am Boden der Kamera eingebaute Siliziumdiode ersetzt wurde, die auf den mit einem Muster aus Lichtpunkten bedruckten ersten Verschlussvorhang oder auf die Oberfläche des Films misst. Eine modernere und effizientere Messmethode ohne zusätzliche bewegliche Bauteile, wie sie seit der M6 auch alle M-Leicas verwenden.

Der Schwenkarm des Belichtungsmessers mit der CdS-Fotozelle

Aber nicht nur der Belichtungsmesser macht die kleine Leica zu einer Exotin, auch die Anordnung des Verschlusszeitenrades an der Vorderseite der Kamera findet man nicht oft. Dabei ist sie, hat man sich erst einmal daran gewöhnt, recht praktisch. Der Zeigefinger lässt sich recht rasch zwischen dem senkrecht verdrehbaren Verschlusszeitenrad und Auslöser hin und her bewegen, wobei die Drehrichtung des Rades der Bewegung der Belichtungsmessernadel im Sucher entspricht.

Der Sucher selbst ist das Informationszentrum der Kamera. An seinem oberen Rand sind die Verschlusszeiten eingespiegelt (ein transparenter roter Zeiger gibt an, welche von ihnen gewählt wurde), darunter die Rahmen für das 40mm und ein 50mm-Objektiv. Setzt man ein 90er an die Kamera, erscheint zusätzlich der Leuchtrahmen dafür. Ein Bildfeldwähler wie bei den M-Leicas, mit denen man probeweise andere Leuchtrahmen einspiegeln kann, fehlt bei der CL. Dafür ist ihr Sucherbild erfreulich groß, weil es – ähnlich wie das der M3 – keinen Weitwinkelrahmen darstellen muss. Diese Vergrößerung des Sucherbildes gegenüber den anderen M-Kameras kommt auch der Genauigkeit des Entfernungsmessers zugute, die wegen der geringen Messbasis an der kompakt gebauten Kamera ansonsten zu wünschen übrig ließe.

Die CL mit abgenommener Rückwand

Eine konstruktive Besonderheit ist auch die Rückwand der Kamera, die sich zusammen mit der Bodenplatte zum völlig mühelosen Filmwechsel komplett von der Kamera entfernen lässt. Trotzdem kann sie  nicht verloren gehen, weil  sich an beiden Teilen je eine Öse für den Kameragurt befindet, der sie dadurch miteinander verbindet. Durch Abziehen der Kamerarückwand gelangt man auch an die Batterie, die ein – wenn auch nicht von ihren Konstrukteuren zu verantwortender – Schwachpunkt der Kamera ist.

Die Batterie der Leica CL war nämlich ursprünglich eine Quecksilberzelle vom Typ PX625 mit 1,35 Volt Spannung, die aber seit Jahrzehnten in Europa und den USA aus Umweltschutzgründen verboten ist. Da die Batterie nur für den Belichtungsmesser zuständig ist und sämtliche Verschlusszeiten der CL zum Glück mechanisch ablaufen, könnte man mit ihr auch ohne Batterie fotografieren. Wer allerdings wie ich der Meinung ist, dass der eingebaute Belichtungsmesser einer Kamera auch funktionieren sollte, ist  heutzutage zu Ersatzstrategien bei der Batteriebeschaffung gezwungen. Und von denen gibt es mehrere. Entweder man verwendet die WeinCELL MRB625, eine Zink-Luft-Batterie, die von den Maßen und der Voltzahl her exakt der verbotenen PX625 entspricht, aber schon mal an die 10 Euro oder sogar mehr kosten kann. Hinzu kommt, dass sie nicht allzu lange hält – man spricht ihr eine Lebensdauer von ein paar Monaten zu, sodass das auf Dauer ein teurer Spaß werden kann. Auf lange Sicht preisgünstiger ist es, sich bei Ebay einen MR-9 Adapter zu kaufen, der billigere Zink-Luft-Batterien für Hörgeräte aufnimmt.

Die Batterie der CL wechselt man bei abgenommener Rückwand

 

Andere Lösungen bauen auf Siberoxid-Batterien wie die SR44. Diese ist kleiner als die PX625, was man mit einem Adapter ausgleichen kann, aber sie hat auch 1,5 Volt, was bei dem auf 1,34 Volt kalibrierten Belichtungsmesser der CL zu Fehlmessungen führt. Also muss man entweder einen (mit ca. 30 Euro relativ teuren) Adapter mit eingelöteter Diode kaufen, die den Strom der SR44 auf 1,34 Volt reduziert, oder man lässt sich den Belichtungsmesser von einem Fachmann neu auf 1,5 Volt justieren. Ich habe bisher recht gute Erfahrungen mit der WeinCELL gemacht, werde aber demnächst auf den MR-9-Adapter mit den Hörgerätebatterien umsteigen. Mit einem Trick lässt sich die Lebensdauer einer Zink-Luft-Batterie übrigens verlängern: Bei längerem Nichtgebrauch sollte man die kleinen Luftöffnungen an der +-Seite der Batterie mit einem Stück Klebeband verschließen, das unterbindet die chemischen Reaktionen in der Batterie.

 

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