Ich kann’s nicht verhehlen, ich hatte schon immer ein Faible für Kodak Retina Kameras, seit mir vor vielen Jahren mein Onkel Bertl eine Retina I geschenkt hat. Der kleine Apparat hatte ein unvergütetes Schneider-Kreuznach Xenar 3.5/50mm, und sein schwarzer Lack zeigte heftige Gebrauchsspuren, und weil die Retina I nur einen winzigen Sucher und keinen Entfernungsmesser hatte, glich das Fotografieren mit ihr einem Blindflug.
Aber die kleine Kamera hatte durchaus ihren eigenen Charakter, und mein Onkel hatte sie in den 1930er-Jahren mit auf seine legendären Bergtouren genommen – ein Umstand, der mich veranlasste, sie als kompakte und leichte Begleiterin auf viele meiner Motorradreisen quer durch Europa mitzunehmen. Sie ließ mich kein einziges Mal im Stich.
Ein paar Jahrzehnte später (inzwischen hatte eine digitale Revolution, an der auch ich begeistert mit Canon EOS und Panasonic Lumix-Kameras von der GH1 bis zur GH4 teilgenommen hatte, die Welt der Fotografie auf den Kopf gestellt) hatte ich die kleine Retina schon fast vergessen, als ich im Schaufenster eines der letzten Münchner Fotolabors eine ihrer jüngeren Schwestern entdeckte.
Es war eine wunderschöne Retina IIIc von 1955, made in Germany in der August Nagel Kamerafabrik in Stuttgart, die 1932 von Eastman Kodak gekauft worden war. Als typische Vertreterin der zusammenklappbaren Kleinbildkameras ihrer Tage verfügt sie über ein 50 mm Schneider-Kreuznach Xenon, ein Sechslinser, der mit seiner größten Blende von 2.0 und seiner Abbildungsleistung durchaus mit den älteren Versionen eines Zeiss Planar oder Leitz Summicron mithalten kann. Neben der Kamera stand ein Lederköfferchen, das mich an ein Täschchen mit Schminkutensilien erinnerte und die Buchstaben „Kodak“ in den Deckel eingeprägt hatte. Dieses Köfferchen weckte meine Neugierde.
Die ungeschminkte Wahrheit
Natürlich war das Schminkköfferchen keines, es war das genial ausgetüftelte Behältnis für ein ganzes Kamerasystem. Im oberen Fach, unter dem Deckel, in dem elastische Bänder zwei Filter und drei Nahlinsen festhielten, war Platz für die zusammengeklappte Kamera, und unter dieser Etage, quasi im Keller des Köfferchens, befand sich eine illustre Auswahl an fotografischen Utensilien.
Zuallererst waren da die beiden Vorsatzlinsen, mit deren Hilfe man das 50mm Xenon in ein moderates Weitwinkelobjektiv mit 35 mm Brennweite oder ein 80 mm Portrait-Tele verwandeln kann. Diese optischen Gebilde sind streng genommen keine Wechselobjektive, denn sie sind nur Ergänzungen für die hintere Linsengruppe des Xenon, die hinter den Lamellen des Zentralverschlusses fest in der Kamera verbaut ist. „Satzobjektiv“ nennt man so etwas, und ich möchte mir gar nicht vorstellen, was für eine Rechenarbeit es die optischen Ingenieure im Haus Schneider gekostet haben mag, um aus einem Hinter- und drei Vordergliedern drei brauchbare Objektive zu berechnen. Ich habe alle drei ausprobiert und finde, dass sie optisch eine recht ordentliche Leistung bringen (das Xenon sowieso, aber die beiden anderen, die dann Retina-Xenon-Curtar und Retina-Xenon-Longar heißen – nomen est omen- ebenfalls). Allerdings bezahlt man für die ohnehin nicht allzu dramatischen Brennweitenveränderungen einen ziemlich hohen Preis: Das Longar hat die nicht gerade berauschende Lichtstärke von 1:4 und ist ein ziemlich unhandlicher und schwerer Klotz aus Glas und Aluminium, das Curtar ist zwar kleiner in seinen Abmessungen, muss aber mit einer noch geringeren Lichtstärke von 5.6 auskommen.
Entscheidet man sich zur Verwendung eines der beiden Vorsatzobjektive, braucht man einen zusätzlichen Sucher, denn der Hauptsucher der Kamera zeigt einem nur einen Leuchtrahmen für das 50 mm Normalobjektiv. Zum Glück ist dieser Sucher, den man von 35 mm auf 80 mm umschalten kann, in dem Köfferchen enthalten, zusammen mit einem Rahmensucher für Sportaufnahmen für das Normal- und Teleobjektiv sowie einem dritten Sucher mit Parallaxenausgleich, der einem zusammen mit den drei Nahlinsen im Deckel des Köfferchens die Welt der gemäßigten Makrofotografie erschließt. Ergänzt wird das Equipment noch durch Gegenlichtblenden, eine Original-Bedienungsanleitung und ein Pinselchen zum Objektivreinigen, das die Vorbesitzerin der Kamera dazugelegt hatte. Alles in allem eine komplette Fotoausrüstung in einem Behältnis, das nicht einmal halb so groß ist wie eine kleine moderne Kameratasche. Erstaunlich.
Messen – einfach und komplizierter
Die ganze Ausrüstung war ausgesprochen günstig zu erwerben, deshalb konnte ich nicht Nein sagen. Ich kaufte die kleine Schatztruhe, machte mich mit ihrem Inhalt vertraut, und einen Tag später machte ich die Straßen von München damit unsicher.
Die Retina IIIc hält alles bereit, um perfekt belichtete und scharfe Bilder zu machen – einen gekoppelten Mischbildentfernungsmesser mit einem hellen, rautenförmigen Messfleck und einen batterielosen Selenbelichtungsmesser, der zwar nicht gekoppelt ist, aber recht exakte Messwerte produziert.
Er ist ein Belichtungsmesser mit zwei Messbereichen, was ihn zwar ein wenig komplizerter in der Bedienung macht, andererseits aber vielleicht dafür verantwortlich ist, dass die Retina nach mehr als einem halben Jahrhundert noch richtig belichtete Bilder liefert. Bei hellem Licht schützt eine Metallklappe mit einem Loch in der Mitte die empfindliche Selenzelle und lässt nur wenig Licht in das Messwerk gelangen. Und Licht ist der Killer vieler Selenzellen, wenn sie ihm ungeschützt jahrelang ausgesetzt werden (Ein Grund dafür übrigens, dass ich bei meinen sämtlichen klassischen Kameras bei Nichtbenützung die Selenzelle mit einem schwarzen Isolierband abklebe).
Ein Nachteil dieser Konstruktion ist, dass man beim Ablesen des Messwerts mitdenken muss. Hat man in dem Fenster des Belichtungsmessers den roten Zeiger mit der schwarzen Nadel zur Deckung gebracht, muss man wissen, welche der beiden Marken am Messring man ablesen muss: Bei aufgeklapptem Lichtschutzschild die mit den schwarzen Waben, die eine ungeschützte Selenzelle symbolisieren, bei geschlossenem die andere Marke, symbolisiert durch ein Rechteck mit einem kleinen Kreis darin.
Lichtwerte – geliebt und gehasst
Ganz gleich, welche der Marken man (hoffentlich richtig) abgelesen hat, als Endergebnis erhält man immer eine Zahl von 2 bis 18, den so genannten Lichtwert, den man dann auf die Lichtwertskala am unteren Rand des Kameraverschlusses überträgt. Das geschieht dadurch, dass man einen gefederten Lichtwertzeiger ein Stück nach unten drückt, auf den gemessenen Wert stellt und dann loslässt. Damit sind Blende und Verschlusszeit miteinander gekoppelt und durch das Drehen eines einzigen Rings kann alle möglichen Kombinationen der beiden durchschalten. Ein mechanischer Vorläufer der Programmverschiebung moderner Digitalkameras quasi, den die Firma Friedrich Deckel, der Hersteller des Synchro Compur Verschlusses der Retina, in den 1950er-Jahren erfunden hat. Manche Fotografen, die an das getrennte Einstellen von Blende und Verschlusszeit gewöhnt sind, hassen dieses System, ich finde es schlichtweg genial und hätte es gerne an allen meinen historischen Kameras. Leider hat es sich nicht durchgesetzt und ist nach einer kurzen Blütezeit wieder verschwunden (zum Beispiel bei den Rolleiflexen, wo es ab den 60er-Jahren nicht mehr verbaut wurde). Ich finde es die schnellste Möglichkeit der manuellen Belichtungsmessung, und die Filme, die ich bisher mit meiner Retina IIIc fotografiert habe, sind durchgehend perfekt belichtet.
Handling
Alles in allem ist das Handling der Retina IIIc sehr angenehm und flüssig, auch wenn die Kamera ihre Eigenheiten hat, und damit meine ich nicht nur den zweistufigen Belichtungsmesser und das Lichtwertsystem. Da ist zum Beispiel der Schnellschalthebel, der sich nicht oben sondern unten rechts am Kameragehäuse befindet. Ergonomisch nicht optimal, aber man gewöhnt sich daran, nach dem Auslösen mit der Hand ein Stück tiefer zu rutschen, um den Film weiter zu transportieren und den Verschluss zu spannen. Auch die Art, wie das Bildzählwerk der Retina die getätigten Aufnahmen anzeigt, ist anders als beispielsweise bei einer Leica oder einer Rolleiflex. Zählen diese Kameras die Bilder aufsteigend, sodass nach Aufnahme Nr. 1 Aufnahme Nr.2 folgt, zeigt die Retina einem an, wie viele Bilder man noch schießen kann. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, ist das eine gute Lösung. Man muss allerdings auch wissen, dass die Kamera nach der letzten Aufnahme komplett den Dienst verweigert. Man kann weder den Film transportieren noch auslösen, was bei Anfängern mit dieser Kamera zunächst oft für Ratlosigkeit sorgt. Erst wenn man das Zählwerk mittels eines zu drückenden Knopfes und eines kleinen Schiebeschalters von der Zahl 1 zu einem rautenförmigen Symbol transportiert hat, funktioniert alles wieder wie gewohnt.
Klingt ein bisschen, als wäre die Retina IIIc eine kompliziert zu bedienende Kamera, aber das ist sie nicht. Hat man erst einmal alle ihre Eigenheiten verinnerlicht, macht ihre Benützung große Freude. Sie ist solide, sie ist elegant und sie kann ziemlich schnell sein. Außer … ja, außer man entschließt sich dazu, eines der beiden Vorsatzobjektive zu verwenden, die in der unteren Etage des magischen Köfferchens auf ihren Einsatz waren.
Klumpen aus Glas und Aluminium
Wer das 50 mm Xenon in ein Tele oder ein Weitwinkelobjektiv verwandeln will, darf sich nicht der Illusion hingeben, es sei mit dem einfachen Wechsel des Objektivs getan. Ähnelt das Ersetzen der vorderen Linsengruppe dank des verwendeten Bajonetts noch in etwa dem Auswechseln des Objektivs an einer Spiegelreflexkamera oder einer Leica, so hört sich bereits beim Scharfstellen der Spaß auf. Weil das Fokussieren nicht am Objektiv selbst, sondern am Gehäuse der Kamera stattfindet und der Entfernungsmesser auf das 50 mm Normalobjektiv abgestimmt ist, muss man die eingestellte Entfernung oben am Objektiv ablesen und sie auf eine von zwei zusätzlichen Entfernungsskalen übertragen, die man aber erst zu Gesicht bekommt, wenn man die Retina auf den Kopf stellt. Hat man das bewerkstelligt (und dabei nicht die Skala für das Weitwinkel mit der für das Tele verwechselt), dreht man die Kamera wieder um, sucht sich seinen Bildausschnitt und drückt ab. Aber halt, der normale Kamerasucher zeigt ja nur einen Leuchtrahmen für das Normalobjektiv, deshalb muss man mit einem Aufstecksucher arbeiten, der in den kalten Blitzschuh gesteckt wird und von 35 auf 80 mm umgeschaltet werden kann.
Eine Prozedur, die spontanen Schnappschüssen nicht unbedingt entgegenkommt, aber vielleicht ist ja mancher den Erfindern dieser Konstruktion dankbar, dass sie ihm auf diese Weise zu einer zusätzlichen Trainingseinheit in Hirngymnastik verhelfen.
Natürlich habe ich die beiden Vorsatzobjektive am Anfang öfters ausprobiert und kann über ihre optische Leistung (bis auf die eher geringe Lichtstärke von 4 beim Tele und 5.6 beim Weitwinkel) nichts negatives sagen. Aber schon nach ein paar Ausflügen mit der Kamera habe ich mich dabei ertappt, dass ich die beiden Zusatzoptiken immer öfter im Köfferchen ließ, zumal das Tele ein gewaltiger Brocken aus Glas und Aluminium ist, der die schlanke Retina zu einem optischen Dickschiff macht. Das Weitwinkel ist zwar weit weniger voluminös, aber wenn es an der Kamera ist, kann man diese nicht mehr zusammenklappen, was mich auf Dauer dann auch gestört hat.
Hinzu kommt noch, dass das Xenon ohne jeden Vorsatz ein wunderbares Objektiv ist. Es ist schon bei offener Blende enorm scharf und hat ein sahniges Bokeh, wie es viele modernere Objektive so nicht hinbekommen. In meinen Augen ist es dem alten Summicron meiner Leica M3 durchaus ebenbürtig, wobei mir zum täglichen Fotografieren die Retina eigentlich lieber als die Leica ist.
In dem Jahr seit ihrem Kauf ist sie zu meiner täglichen Begleiterin geworden, allerdings nicht mit dem magischen Köfferchen, das ich nur noch selten mit aus dem Haus nehme. Ich habe mir bei Ebay eine Bereitschaftstasche aus glänzendem braunen Leder ersteigert, und an deren Riemen hängt die kleine Kodak über meiner Schulter. Vergleiche ich sie mit meinen modernen Kameras, ist sie ein Musterbeispiel an Benutzbarkeit. Keine komplizierten Menüs, keine mehrfach belegbaren Knöpfe, die man immer wieder aus Versehen drückt, keine künstliche Intelligenz, die scharfstellt und belichtet, wie sie es für richtig hält und vor allem: keine Batterie, die einen mitten unter dem Fotografieren im Stich lassen kann! Belichtung messen, Lichtwert einstellen, scharfstellen, abdrücken – so einfach und stringent ist das Fotografieren mit der Retina. Und das sechs Jahrzehnte nachdem sie neu über die Ladentheke ging. Das sollen ihr unsere heutigen digitalen Kameras erst einmal nachmachen.
wolfgang rabe
21. Juli 2018 — 6:27
Die IIIc ist das Optimum was dort in Suttgart gebaut wurde, die Kameras funktionieren meist ohne Probleme bis heute, die Objektive sind ein Traum.
Nur mit den wechselbaren Objektivvorsätzen hadere ich, ist im Grunde zu Fehler anfällig, optisch sind sie aber auch klasse.
Denke das es langsam wieder mehr werden die sich mit der analogen Fotografie beschäftigen.
Kameras von denen wir damals nur träumen konnten weil sie unerreicht teuer waren sind heute für kleinst Beträge zu bekommen, das ist schon ein Grund wieder analog zu fotografieren.
Weiter so mit Deinem Blog
Gruß aus Celle
Wolfgang
Nantwein
21. Juli 2018 — 12:08
Hallo Wolfgang,
danke für deinen Kommentar. Du hast völlig recht, die IIIc (und ein wenig mehr noch die IIIC mit dem großen „C“) ist der Höhepunkt der Retina-Entwicklung. Die nicht-klappbaren Retinas, die danach kamen, waren der Anfang eines unaufhaltsamen Niedergangs. Ich habe eine IIF mit einem Blitzbirnenreflektor und einem in den Sucher eingespiegelten Belichtungsmesser, die ich demnächst einmal testen werde. Sie gilt als die letzte ernst zu nehmende Retina (danach kamen noch die S1 und die S2 mit Plastikgehäuse), aber sie kann nichts besser als die IIIc und ist doch ein ganzes Stück sperriger als sie.
Deine Beobachtungen in Hinblick auf die analoge Fotografie decken sich mit meinen. So begegnen mit in dem Farblabor auf, in dem ich meine Filme entwickeln lasse (eines der letzten in München) sehr viele junge Leute, die sich für billiges Geld alte Kameras gekauft haben und begeistert damit fotografieren. Und wenn ich mit meiner Rolleiflex oder der Retina Straßenfotografie mache, werde ich immer häufiger von Leuten angesprochen, die auch gerne so eine Kamera hätten. Ich selber habe lange digital fotografiert (und tue es für professionelle Aufträge auch heute noch), aber für mich privat fotografiere ich eigentlich nur noch analog und gehe nicht aus dem Haus, ohne mir eine meiner Retinas mit der Bereitschaftstasche um den Hals zu hängen. Damit fühle ich zwar immer wie ein Tourist der 50er-Jahre, aber das hat auch was :-). Ich bin auch froh, ein großes Negativarchiv zu haben, das bis in die 1970-er Jahre zurückreicht und inzwischen fast vollständig eingescannt ist. Ich liebe es, darin meine persönlichen Zeitreisen zu unternehmen, von denen einige demnächst in diesem Blog erscheinen werden.
Herzliche Grüße nach Celle
Thomas
Marc Heckert
18. Oktober 2020 — 21:38
Ein sehr schöner Text über eine sehr schöne Kamera. Ich bin inzwischen auch Retina-angefixt und mache gerade die ersten Schritte mit meiner IIa. Vielen Dank für den Einblick – vielleicht kommt mir auch noch eine IIIc (oder lieber eine C?) ins Haus…
Nantwein
26. Oktober 2020 — 23:05
Hallo Marc,
die „große C“ hat gegenüber der „kleinen c“ einen entscheidenden Vorteil: Der Sucher ist besser. Er hat Leuchtrahmen für alle drei möglichen Objektivkombinationen, was den Zusatzsucher, der bei der „kleinen c“ nötig ist, falls man den 35mm oder den 80mm Objektivvorsatz benützen will. Ansonsten sind die Kameras – bis auf den etwas veränderten Belichtungsmesser, der bei der „großen C“ ohne die Klappe auskommt, praktisch identisch. Beides sind wunderbare Kameras, die viel Freude machen.
Udo
16. Januar 2021 — 15:21
Hallo, liebe (neue?) Retina-Freunde!
Danke für den guten und ausführlichen Bericht! Kann Deine Begeisterung nachvollziehen.
Bin kürzlich zufällig zu einer Ia gekommen, mit Xenar 50/3.5. Ich sollte vielleicht vorab noch sagen, dass ich großer Analog-Fan bin, und am oberen Ende meine Kamerasammlung mit einer Zeiss ZM und modernen Leica asph. Objektiven fotografiere.
Von der alten, einfachen Ia hatte ich nicht allzuviel erwartet in Bezug auf die Bildqualität. Habe dann Testaufnahmen gemacht von meinem standardmäßig verwendeten Testchart, mit Blende 4 und 5.6, und die Ergebnisse mit mit denen meiner anderen Kameras und 50er Objektive verglichen.
Bei Blende 4 waren die Retina-Bilder schon überraschend hoch auflösend, mit gutem Kontrast und vertretbarer Vignette. Die Aufnahmen mit Blende 5.6 haben mich dann sehr überrascht und beeindruckt. Extrem hohe Auflösung im mittleren Bereich, bis in die Ecken sehr scharf, und toller Kontrast.
Vielleicht habe ich zufällig ein besonders gutes Exemplar erwischt. Auf jeden Fall sind die Ergebnisse bei 5.6 so gut wie bei meinen besten anderen Analog-Objektiven, und deutlich besser als z.B. mit Nikon SLR und 50/1.4 AIS oder 50/1.8 bei gleicher Blende.
Die Retina gebe ich jetzt nicht mehr her, und auch wenn die oben genannten III-er Modelle sicher ausstattungstechnisch mehr bieten, ist der Fotograf, der mit f5.6 hinkommt, schon mit der Ia sehr gut bedient.
Tolle Kamera! Auch im Handling sehr praktisch wenn man daran denkt, vor dem Zuklappen immer die Entfernungseinstellung in die richtige Position zu stellen :-))
Mit den Vorsatzlinsen habe ich keine Erfahrung, für mich wäre das hier beschriebene Gefummele aber nichts.
Allen hier weiter viel Spaß mit der Retina, und viel Erfolg bei der Schnäppchenjagd.
Nantwein
18. Januar 2021 — 22:42
Hallo Udo,
danke für deine Schilderung der Retina Ia. Ich besitze selber eine Retina I (ohne a), die ich von meinem Onkel geerbt habe, der damit in den 1930er-Jahren viele Bergfotos gemacht hat. (Ihre Nachfolgerin war eine Leia M3, die mein Onkel mir ebenfalls geschenkt hat, aber das ist eine andere Geschichte). Die alte Retina I ist wunderbar klein, viel kompakter als eine Retina III und damit die ideale Rucksackkamera. Deine Beobachtungen bezüglich der Schärfe kann ich nur bestätigen, auch das unvergütete Xenar meiner Ia ist brutzelscharf, wenn man es ein wenig abblendet und nicht gerade bei Gegenlicht verwendet.Ich werde vielleicht einmal einen Blogpost über diese Kamera verfassen, mit der ich erst letztes Jahr im Andenken an meinen Onkel bei einer kleinen Bergtour einen Film belichtet habe. Das gute Ding ist jetzt über ein Dreiviertel Jahrhundert alt, und alle Verschlusszeiten laufen noch tadellos ab, das müssen moderne Kameras erst einmal nachmachen …