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Eine Kamera als Beigabe – Meine Voigtländer Prominent

Sie ist mir zugeflogen. Eigentlich wollte ich für meine Kodak Retina Reflex ein lichtstarkes Objektiv haben, ein Xenon 2/50mm, und als ich bei Ebay Kleinanzeigen ein solches Xenon zu einem akzeptablen Preis angeboten sah, kam es im Konvolut mit einer dazu passenden Retina Reflex III und der Voigtländer Prominent samt 2/50mm Ultron, um die es in diesem Blogbeitrag gehen soll.

DieVoigtländer Prominent ist eine Kamera, deren Name nicht unbedingt Programm ist. Schließlich hat sie es, verglichen mit Kameralegenden wie der Leica und der Contax, unter Fotografen nie zu größerer Prominenz gebracht. Dabei war sie als Messsucherkamera mit Wechselobjektiven genau auf den Käuferkreis dieser Ikonen der Fotogeschichte zugeschnitten, aus deren Schatten sie aber nie richtig heraustreten konnte

Die Prominent im "Porst Photohelfer"

Die Prominent im „Porst Photohelfer“ – Die „Krone aller bisher erschienenen Voigtländer-Kameras“

Im „Photohelfer“, einem mit vielen Fototipps garnierten Katalog des Versandhauses Photo Porst aus dem Jahr 1956, sind alle drei Kameras auf den stark angegilbten, auch optisch den Duft der Fünfzigerjahre verströmenden Seiten friedlich vereint. Oder sagen wir besser: Alle vier, denn von der Leica gab es gleich zwei Konkurrenten zur Prominent: Die am Ende ihrer Entwicklung angekommene IIIg mit Schraubgewinde und ihre Nachfolgerin, die damals hochmoderne M3 mit neu entwickeltem Bajonett und großem Messsucher, in den die Leuchtrahmen verschiedener Objektive automatisch eingeblendet wurden. Luxus pur, den die Firma Leitz sich auch bezahlen ließ:  Mit stolzen 1130 DM ist die M3 mit 2/50mm Summicron die teuerste Kamera im „Photohelfer“, die Prominent, die in dem Büchlein als die „Krone aller bisher erschienenen Voigtländer-Kameras“ bezeichnet wird, ist da mit vergleichsweise bescheidenen 520 Mark für Kamera und 2/50mm Ultron schon fast ein Schnäppchen. Selbst für die konstruktiv schon recht angestaubte Leica IIIg musste man mit dem Summicron noch 850 DM ausgeben, für die modernere Contax IIIa mit eingebautem Belichtungsmesser und Sonnar 2/50mm 882 DM. Übrigens: Der durchschnittliche Monatslohn eines Arbeiters lag damals bei 368 DM.

Schön aufgeräumt: Die Prominent von oben

Schön aufgeräumt: Die Prominent von oben – der kleine Stift in der Mitte der Kamera dient zum Fixieren des als Zubehör verfügbaren Blitzschuhs

Meine Prominent entspricht nicht ganz dem Modell im „Photohelfer“, das mit seinem Schnellspannhebel, verbesserten Sucher und fest montierten Zubehörschuh bereits die 6. Version der Prominent darstellt, während die meine ein Exemplar der 3. Generation sein dürfte – ohne Blitzschuh (der war als aufsteckbares Zubehör erhältlich) und mit einem relativ kleinen Fernrohrsucher ohne Leuchtrahmen.

Trotzdem verkörpert die Prominent vieles von dem, was ich an den mechanischen Kameras ihrer Zeit so liebe: Sie ist solide und wertig gebaut und so schwer, als wäre sie aus einem massiven Metallblock herausgefräst worden. Und sie hat die kleinen, verrückten Details, mit denen die deutsche Kameraindustrie der 1950er Jahre ihr Publikum zu verblüffen wusste.

Die kleinen, verblüffenden Details machen die Kameras der 1950er-Jahre so liebenswert

Der Knopf zum Einstellen der Entfernung

Bei der Prominent ist das spezielle Etwas die Entfernungseinstellung, die nicht über einen Schneckengang am Objektiv geschieht, sondern mittels eines Drehknopfes links oben an der Kamera, der den kompletten Synchro-Compur-Verschluss mitsamt dem Objektiv nach vorne oder hinten verschiebt. Dieses Prinzip der Scharfstellung hat die Prominent – ebenso wie das komplette Oberteil der Kamera samt Sucher und Entfernungsmesser – von der Voigtländer Klappkamera Vito III geerbt.

Der linke Drehknauf der Prominent hat übrigens neben der Entfernungseinstellung noch eine zweite Funktion: Betätigt man einen kleinen Schalter an seiner Oberseite, klappt mit einem hörbaren Klacken ein kreisbogenförmiges Metallstück nach oben, und der ehemalige Entfernungsknopf wird nun zu dem, was man eigentlich an dieser Stelle einer Kamera vermutet: Zum Rückspulknopf für den belichteten Film.

So wird der Knopf zum Rückspulknopf – ein kleines mechanisches Wunderwerk!

Dieser Mechanismus wirkt – wie sein Pendant auf der anderen Kameraseite, der Knopf zum Transport des Films und zum Spannen des Verschlusses, vertrauenserweckend massiv und lässt sich spielfrei und geschmeidig bedienen. Alles an der Prominent – vom Auslöser über den Mischbildentfernungsmesser mit seinem deutlich erkennbaren Messfleck bis hin zum extra verstärkten Stativgewinde und einer Filmmerkscheibe am Boden der Kamera – wirkt extrem solide und für die Ewigkeit gebaut, was sich allerdings auch im nicht gerade geringen Gewicht der Prominent bemerkbar macht.

Ein Star und seine Kamera: Voigtländer Ultron 2/50mm und die Prominent

Das sechslinsige Ultron mit der Lichtstärke 2.0 ist das Sahnestückchen der Kamera und ein Traum von einem Objektiv: Schlank gebaut aus schwerem, verchromtem Messing und mit einer je nach Lichteinfall bernsteinfarben oder purpur schimmernden Vergütung versehen. Dem damaligen Werbespruch von Voigtländer – „Weil das Objektiv so gut ist“ – wird es mehr als gerecht, ich erachte es als optisch mindestens ebenbürtig zu seinen schärfsten Konkurrenten, dem gleich alten Summicron von Leitz und dem 2.0/50 Sonnar von Zeiss.

 

Das Ultron ist der unumstrittene Star der Kamera

Das Ultron der Prominent hat – neben dem Entriegelungsmechanismus für das Bajonett – nur ein einziges bewegliches Teil:Den Ring zum Einstellen der Blende, an dem ich zunächst aus alter Gewohnheit gedreht habe beim vergeblichen Versuch, mit ihm die Entfernung einzustellen. Die Blende rastet in ganzen Stufen  ein und erzeugt mit ihren 15 Lamellen eine nahezu kreisrunde Öffnung, was in den unscharfen Partien des Bildes für ein sahniges Bokeh sorgt.

Nun ist mein Ultron nicht unbedingt in einem neuwertigen Zustand. Wenn ich es gegen das Licht halte, kann ich auf seiner Frontlinse viele kleine Kratzer erkennen, die in Anzeigen auf Ebay manchmal beschönigend als „Putzspuren“ bezeichnet werden. Dieser Makel hat allerdings – wie ich bei den ersten beiden Filmen, die ich mit der Prominent belichtet habe – keinen für mich sichtbaren Einfluss auf die Bildqualität.

 

 

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