Die große "C" - Endpunkt der Kodak Klappkamera-Entwicklung

Die große „C“ – Endpunkt der Kodak Klappkamera-Entwicklung

Achten Sie auf die Groß- und Kleinschreibung! Das ist ein beliebter Hotline-Tipp für Menschen, die Probleme mit ihren Passwörtern haben. Bei Kameras ist es eher egal, ob man sie nun „leica“ oder „Leica“ schreibt, gemeint ist das gleiche. Nicht so bei der Kodak Retina IIIc/C, was sie möglicherweise zur idealen Kamera für penible Deutschlehrer macht. Denn bei dieser letzten Kleinbild-Klappkamera, die im Kodakwerk in Stuttgart gebaut wurde, macht es einen ziemlichen Unterschied, ob man das „C“ hinter der römischen III groß oder klein schreibt.

Zweieiige Zwillinge: Retina IIIc und IIIC mit Normalobjektiv Schneider Retina-Xenon 2/50mm

Zweieiige Zwillinge: Retina IIIc und IIIC mit Normalobjektiv Schneider Retina-Xenon 2/50mm

Aber bleiben wir erst einmal bei den Gemeinsamkeiten der beiden Retinas. Beide verfügen sie über denselben ebenso robusten wie genialen Klappmechanismus für das Objektiv, der sie zu den kompaktesten ernstzunehmenden Kleinbildkameras macht, die ich kenne. Mit ernstzunehmend meine ich, dass sie sowohl über einen gekuppelten Entfernungsmesser als auch über einen (allerdings ungekuppelten) Belichtungsmesser verfügen.

Und beide Kameras verfügen über ein so genanntes Satzobjektiv – entweder von Schneider-Kreuznach oder von Rodenstock -, das man durch Auswechseln der Vordergruppe des 50mm/f:2.0-Normalobjektivs entweder in ein 35er-Weitwinkel oder ein 80er-Portraittele verwandeln kann. Auch die meisten anderen Zubehörteile des Systems wie z.B. die Nahlinsen mit die Parallaxe ausgleichendem Einstellgerät oder den Sportsucher kann man an beiden Kameras verwenden. Ein Zubehörteil der IIIC allerdings, den Winkelsucher, der einem einen Suchereinblick von oben ermöglicht, kann man wegen des unterschiedlichen Okulareinblicks nicht an der IIIc verwenden, während ein essentielles Zubehör der IIIc – der Aufstecksucher für das 35er und das 80er – an der IIIC überflüssig ist. Und damit sind wir auch schon beim größten Unterschied zwischen den beiden Modellen: Dem Sucher.

Retina IIIc (links) und IIIC mit Vorsatzobjektiv 80mm. Die IIIc benötigt dafür einen extra Aufstecksucher, die IIIC hat den Leuchtrahmen in ihren Messsucher eingespiegelt.

Retina IIIc (links) und IIIC mit Vorsatzobjektiv 80mm. Die IIIc benötigt dafür einen extra Aufstecksucher, die IIIC hat den Leuchtrahmen in ihren Messsucher eingespiegelt.

Bei der IIIc ist er noch ein Nachkomme der eher klein geratenen Sucher alter Retinas, der aber immerhin mit einem Leuchtrahmen für das 50 mm Normalobjektiv versehen ist. Für die beiden Wechseloptiken braucht man den oben erwähnten Zusatzsucher, der sich von 35 mm auf 80 mm Brennweite umschalten lässt, aber nicht mit dem Entfernungsmesser gekuppelt ist.

Diesen Nachteil kennt die Retina IIIC nicht. Das große C steht nämlich für einen deutlich größeren, kristallklaren Sucher, der fast an den einer M-Leica heranreicht. Und dieser Sucher – natürlich mit integriertem Entfernungsmesser – zeigt sauber beschriftet die Leuchtrahmen für alle drei Brennweiten, die die Kamera ermöglicht – wobei der für die 50mm etwas dicker ist als die anderen.

Ein weiterer Unterschied zur IIIc ist der Belichtungsmesser. Hatte das in der kleinen „c“ verbaute Exemplar noch eine Metallklappe, die bei hellem Licht die Selenzelle abdeckt und die für Messungen bei weniger Licht hochgeklappt werden muss, ist diese Klappe beim moderneren Lichtmessgerät der „C“ nicht mehr vorhanden. Das bietet den kleinen Vorteil, dass die Skala des Belichtungsmessers besser abzulesen ist, weil sie nicht mehr in zwei Messbereiche aufgeteilt ist, beinhaltet aber auch den großen Nachteil, dass die Selenzelle ungeschützt dem Licht ausgesetzt ist und deshalb einer schnelleren Alterung unterliegt. Hat eine große „C“ das halbe Jahrhundert seit ihrer Fertigung nicht in einer dunklen Schublade oder in ihrer soliden Bereitschaftstasche aus braunem Leder verbracht, dürfte ihr Belichtungsmesser für gewöhnlich keinen Mucks mehr machen. Was schade ist, denn seine Anzeige ist ziemlich präzise, auch wenn man den an seiner Skala abgelesenen Messwert per Hand auf das Objektiv übertragen muss, was – wie bei der kleinbuchstabigen Zwillingsschwester auch – per Lichtwertzahlen geschieht. Für manche Fotografen ist das ein Alptraum, ich finde diese in den 1960er Jahren beliebt gewordene Art, Blende und Verschlusszeit zu kuppeln, recht praktisch: Ist erst einmal der am Belichtungsmesser abgelesene Lichtwert am Objektiv eingestellt, kann man mit einem einzigen Dreh zum Beispiel eine andere Verschlusszeit einstellen, und die dazu gehörende Blende folgt ihr automatisch. Ziemlich genial.

Unterschiedliche Belichtungsmesser: Der Belichtungsmesser der IIIC hat nur einen Messbereich und ist leichter abzulesen als sein Pendant an der IIIc, bei dem bei wenig Licht die Klappe über der Messzelle hochgeklappt werden muss.

Unterschiedliche Belichtungsmesser: Der Belichtungsmesser der IIIC hat nur einen Messbereich und ist leichter abzulesen als sein Pendant an der IIIc, bei dem bei wenig Licht die Klappe über der Messzelle hochgeklappt werden muss.

Mein Fazit zu beiden Kameras: Fotografieren kann man mit der IIIc ebenso gut wie mit der IIIC, auch wenn der Blick durch den Sucher der Großen C sehr viel angenehmer ist. Möchte man die beiden Objektivvorsätze verwenden, hat die „C“ einen dicken Pluspunkt vor der „c“ – man spart sich die Mitnahme des Zusatzsuchers. In Punkto Belichtngsmesser sehe ich den Fortschritt vom kleinen zum großen C mit gemischten Gefühlen. Ich habe das Glück, dass die Belichtungsmesser an meinen beiden Kameras funktionieren, aber mir wäre es trotzdem lieber, die große C hätte denselben Belichtungsmesser wie die kleine c. Er hält einfach länger.