Die Bilder aus der Retina IIIS
Die ersten zwei Aufnahmen, baugrün verfärbt und ziemlich unscharf, sehen aus, als wären sie entstanden, ohne dass jemand durch den Sucher geblickt hat. Vielleicht wollte der Fotograf, die Fotografin sicher gehen, dass der Film auch wirklich zum ersten Bild transportiert wurde.
Zu sehen ist eine Straße, die überall in Europa sein könnte. Beton, kleinteiliges Pflaster, ein großer Kanaldeckel, Autos, wie sie nach der Jahrtausendwende ebenfalls überall zu finden waren. Keine SUVs, keine Großlimousinen, keine Luxuskarossen. Kleinwagen und Familienwagen der Mittelklasse. Auf dem ersten Bild ist oben links eine Person mit einem Regenschirm in der Hand zu erkennen, obwohl die Straße eigentlich nicht nass aussieht.
Auf dem zweiten Bild ein Parkplatz hinter einem massiven Stahlgitter, auf dem ein rotes Auto zu sehen ist. Ein Mann in Jeans trägt einen weißen Gegenstand – eine Tasche? – in der Hand. Das Licht ist trüb und regnerisch, was möglicherweise ein Hinweis darauf ist, dass die beiden Bilder am selben Tag aufgenommen wurden wie das nächste.
Bild Nummer drei zeigt eine junge Frau mit vollen Lippen und dunklen Augen. Sie trägt eine Kapuze und steht unter einer Art Markise, was zusammen mit dem flauen Licht ein Hinweis darauf sein könnte, dass das Foto ebenfalls an einem Regentag entstand. Ihr Gesichtsausdruck lässt darauf schließen, dass sie den Fotografen kennt und auf seine Bitte hin in die die Kamera schaut. Die Farben auf dem Foto sind verblasst, und zwei seltsame Artefakte sind auf darauf zu sehen – eines auf der Stirn der Frau, das aussieht wie ein Wollknäuel mit sechs ausgestreckten Armen, ein anderes, das an den Schattenriss einer gepressten Pflanze erinnert. Ob die Frau geahnt hat, dass ihr Foto viele Jahre in der Kamera schlummern wird, bevor es entwickelt wird?
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